Westendstraße / Luisenstraße / Sporthalle: Unterschied zwischen den Versionen

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Vor dem Krieg befand sich in dem kleinen, platzartigen Bereich eine Leuna-Tankstelle, die inzwischen wie alle anderen Tankstellen im Vorderen Westen verschwunden ist.
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Mit der Erweiterung der Stadt in das Hohenzollernviertel hinein bestand der  Bedarf an Volksschulen im Stadtteil. 1893 wurde die Herkulesschule in der Gemarkung der Gemeinde Wehlheiden als „Knabenschule Wehlheiden“ gegründet – noch vor der Eingemeindung des Ortes in die benachbarte Stadt. Auf dem Gebiet der Stadt war ein Jahr zuvor die „Doppelschule“ Bürgerschule 3 und 4 für Mädchen und Jungen am Königstor entstanden, mit getrennten Trakten für Jungen und Mädchen und einer Turnhalle. Im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt, wurde das Gebäude nach dem Krieg wieder aufgebaut und in der jüngeren Vergangenheit aufwändig saniert. Heute ist die Schule eine reine Grundschule, die sich zu einer Einrichtung mit Nachmittagsunterricht und -betreuung wandelt.
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Vor dem Krieg befand sich in dem kleinen, platzartigen Bereich vor der Schule eine Leuna-Tankstelle, die inzwischen wie alle anderen Tankstellen im Vorderen Westen verschwunden ist.
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'''Die verschwundene Stadtkaserne'''
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Wo sich heute die Königstorhalle, Wohnhäuser der Nachkriegszeit und der sog. Badogliohügel befinden, zwischen Luisenstraße, Westendstraße und Nebelthaustraße, befand sich bis zu seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg der gewaltige Gebäudekomplex der Stadtkaserne. Ihr Bau wurde am 14. Februar 1811 von Jérôme Bonaparte verordnet. Der Bruder Napoleons, „König Lustik“, residierte zu dieser Zeit als König von Westphalen in dessen Hauptstadt Kassel und wollte die Stadt vom Druck der Einquartierung französisch-westfälischer Truppen entlasten. Die Kaserne sollte Platz für 3000 Mann schaffen, die Kosten dafür sollte größtenteils die Stadt Kassel übernehmen. Ursprünglich an der Holländischen Straße geplant, entschied man sich letztlich für das an der Drusel gelegene Ackerland an der Luisenstraße. Im Mai 1811 begann man mit dem Bau, nach Plänen des Oberinge­nieurs Ganzers sollte er bereits 1813 bezugsreif sein, was so jedoch nicht verwirklicht werden konnte. Als Kaserne diente dieses Gebäude nicht lange. Lediglich 1813 war eine Abteilung Garde-Husaren in der Kaserne untergebracht, diese verließ sie jedoch, als Tschernitscheff mit den Kosaken in Kassel eindrang, und kam nochmals zurück, um Kassel im Oktober 1813 mit Jérôme endgültig zu verlassen. Für Kurfürst Wilhelm I., der wieder in Kassel einzog, schien dieses unfertige Gebäude nutzlos. Man versuchte es zu verkaufen, jedoch ohne Erfolg. Von da an diente das Gebäude zahlreichen Zwecken, aber nur zeitweilig militärischen. Ab November 1819 überließ die Stadt z. B. einen großen Teil des Gebäudes als „Wilhelms-Institut“ den vereinigten Armen- und Werkhausanstalten. Später wurde es auch als Versorgungs- und Entbindungsanstalt sowie als Kinderstation für hilfsbedürftige Säuglinge, Klein- und Schulkinder benutzt. In den 1920er Jahren fanden hier - angesichts der Nachkriegsnot - Quäkerspeisungen statt. Große Teile der Kaserne waren von der Stadt als Einzelwohnungen vermietet. Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wohnten in der Kaserne 265 Parteien, meistens Familien, bis der große Komplex, der zum großen Teil aus einer Fachwerkkonstruktion bestand, als Opfer der Bomben völlig zerstört wurde (siehe auch Luisenplatz).
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Aktuelle Version vom 3. März 2015, 13:44 Uhr

Kurzbeschreibung

Die Westendstraße kennzeichnet die Grenze zwischen Kassel Mitte und dem Vorderen Westen. Historisch begann hier das Hohenzollernviertel. Dieser von der Kriegszersörung stark betroffene Bereich hat bis heute keine befriedigende städtebauliche Prägung erhalten. Das einzige historische Gebäude ist die Schule Königstor. Am Ort der im Krieg vollständig zerstörten Stadtkaserne aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts (Jérôme) ist nach dem Zweiten Weltkrieg die Sporthalle errichtet worden. In den 1980er Jahren erfolgte vor der Sporthalle einer von mehreren Straßenumbauten mit dem Ziel der Verkehrsberuhigung. Die Achse Königstor-Luisenstraße ist als durchgehende Straße unterbrochen und der Verkehr aus der Innenstadt wird Richtung Wilhelmshöher Allee geführt.

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Geschichte

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B9 oben Königstor - Schule und Tankstelle 1939.jpg

Mit der Erweiterung der Stadt in das Hohenzollernviertel hinein bestand der Bedarf an Volksschulen im Stadtteil. 1893 wurde die Herkulesschule in der Gemarkung der Gemeinde Wehlheiden als „Knabenschule Wehlheiden“ gegründet – noch vor der Eingemeindung des Ortes in die benachbarte Stadt. Auf dem Gebiet der Stadt war ein Jahr zuvor die „Doppelschule“ Bürgerschule 3 und 4 für Mädchen und Jungen am Königstor entstanden, mit getrennten Trakten für Jungen und Mädchen und einer Turnhalle. Im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt, wurde das Gebäude nach dem Krieg wieder aufgebaut und in der jüngeren Vergangenheit aufwändig saniert. Heute ist die Schule eine reine Grundschule, die sich zu einer Einrichtung mit Nachmittagsunterricht und -betreuung wandelt. Vor dem Krieg befand sich in dem kleinen, platzartigen Bereich vor der Schule eine Leuna-Tankstelle, die inzwischen wie alle anderen Tankstellen im Vorderen Westen verschwunden ist.

Die verschwundene Stadtkaserne

Wo sich heute die Königstorhalle, Wohnhäuser der Nachkriegszeit und der sog. Badogliohügel befinden, zwischen Luisenstraße, Westendstraße und Nebelthaustraße, befand sich bis zu seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg der gewaltige Gebäudekomplex der Stadtkaserne. Ihr Bau wurde am 14. Februar 1811 von Jérôme Bonaparte verordnet. Der Bruder Napoleons, „König Lustik“, residierte zu dieser Zeit als König von Westphalen in dessen Hauptstadt Kassel und wollte die Stadt vom Druck der Einquartierung französisch-westfälischer Truppen entlasten. Die Kaserne sollte Platz für 3000 Mann schaffen, die Kosten dafür sollte größtenteils die Stadt Kassel übernehmen. Ursprünglich an der Holländischen Straße geplant, entschied man sich letztlich für das an der Drusel gelegene Ackerland an der Luisenstraße. Im Mai 1811 begann man mit dem Bau, nach Plänen des Oberinge­nieurs Ganzers sollte er bereits 1813 bezugsreif sein, was so jedoch nicht verwirklicht werden konnte. Als Kaserne diente dieses Gebäude nicht lange. Lediglich 1813 war eine Abteilung Garde-Husaren in der Kaserne untergebracht, diese verließ sie jedoch, als Tschernitscheff mit den Kosaken in Kassel eindrang, und kam nochmals zurück, um Kassel im Oktober 1813 mit Jérôme endgültig zu verlassen. Für Kurfürst Wilhelm I., der wieder in Kassel einzog, schien dieses unfertige Gebäude nutzlos. Man versuchte es zu verkaufen, jedoch ohne Erfolg. Von da an diente das Gebäude zahlreichen Zwecken, aber nur zeitweilig militärischen. Ab November 1819 überließ die Stadt z. B. einen großen Teil des Gebäudes als „Wilhelms-Institut“ den vereinigten Armen- und Werkhausanstalten. Später wurde es auch als Versorgungs- und Entbindungsanstalt sowie als Kinderstation für hilfsbedürftige Säuglinge, Klein- und Schulkinder benutzt. In den 1920er Jahren fanden hier - angesichts der Nachkriegsnot - Quäkerspeisungen statt. Große Teile der Kaserne waren von der Stadt als Einzelwohnungen vermietet. Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wohnten in der Kaserne 265 Parteien, meistens Familien, bis der große Komplex, der zum großen Teil aus einer Fachwerkkonstruktion bestand, als Opfer der Bomben völlig zerstört wurde (siehe auch Luisenplatz).


B9 02 Stadtkaserne Quäkerspeisung StA.jpg
B9 Plan 1912.jpg
B9 03 Wohlfahrt Liegesaal STM 32,97.jpg

Architektur

Sehenswürdigkeiten / Besonderheiten

Bedeutung der Namen

B9 Friedrich I Königstor.jpg
B9 Luise Bose.jpg

Königstor

Friedrich I. wurde am 28.4.1676 in Kassel geboren und starb am 25.3.1751 in Stock­holm. Der älteste Sohn des Langrafen Carl heiratete 1715 die Tochter des Schwedenkönigs Karl XI. und Schwester des Königs Karl XII., Ulrike Eleonore. Die schwedischen Reichsstände wählten ihn 1720 zum König. Als Friedrich I. (1730-1751) regierte er nominell Hessen, auch wenn er in Stockholm blieb, die tatsächliche Regierung übte aber sein jüngerer Bruder Wilhelm VIII. aus, zunächst als Statthalter, aber seit 1751 selbstregierend. Landgraf Friedrich II. verschaffte dem Hessen auf dem schwedischen Königsthron einige Jahrzehnte nach dessen Tod bleibende Erinnerung im Stadtbild mit dem Königsplatz, der Königsstraße und dem Königstor. Die Straße war von 1947 bis 1949 nach Erzberger benannt.

Luisenstraße

Die spätere Gräfin Luise von Bose wurde am 26. Februar 1813 als erstes uneheliches Kind des Kurprinzen Wilhelm in Berlin geboren. Ihre Mutter, die schöne Emilie Ortlöpp, war die Tochter eines einfachen Goldschmiedes. Sie wurde die große Liebe des späteren Kurfürsten und schenkte ihm noch weitere 7 Kinder. Nachdem der Prinz als Kurfürst Wilhelm II. den Thron bestiegen hatte, siedelte Luise mit ihrer Mutter in die Residenzstadt Kassel um und wurde 1828 in den Adelsstand erhoben. Von nun an lebte sie unter dem Namen Gräfin von Reichenbach-Lessonitz. 1830 verließ die Gräfin Kurhessen und lebte fortan in Frankfurt, Wiesbaden und Baden-Baden. 15 Jahre später heiratete sie den Sohn eines sächsischen Hofmarschalls, Graf Carl August von Bose. Trotz der Tatsache, dass Luise Bose in Kassel nur wenige Jahre gelebt hatte, blieb sie der Heimatstadt ihres Vaters selbst aus der Ferne immer treu und agierte als großzügige Wohltäterin. Gemeinsam mit ihrem Mann machte sie der Stadt Kassel noble Geschenke und unterstützte durch großherzige finanzielle Spenden unter anderem die Armen, Waisen, Verwitweten und Kranken. 1879 stiftete sie dem ersten Kinderkrankenhaus Kassels mit dem Namen "Kind von Brabant" ein neues Heim. Des Weiteren war Gräfin Luise von Bose auch als eine große Kunstliebhaberin und zugleich Förderin von Kunst und Wissenschaft bekannt. So gab sie beispielsweise mittellosen Malern sowie Bildhauern Stipendien und unterstützte ebenso gewissenhaft die naturwissenschaftliche Forschung in Kassel. Nur wenige Monate vor ihrem Tod schenkte die Gräfin der Stadt Kassel am 21. Juni 1883 ein etwa 20 Ar große Grundstück und ließ dort ein Gebäude errichten, das als Aufbewahrungsort ihrer großen Gemäldesammlung und anderer Kunstschätze dienen sollte. Nach ihrem Tod am 3. Oktober 1883 wurde der Besitz des so genannten Bose-Museums durch weitere Kunstgegenstände des Ehepaares Bose erweitert und von der Gräfin persönlich in ihrem Testament der Stadt Kassel vermacht. Der entstandene Kunsttempel enthielt mehr als 130 Gemälde von bedeutenden Künstlern (wie beispielsweise Tischbein, Calame, Spitzweg), wertvolle Porzellane, viele Familiengegenstände, Medaillen, Münzen, seltene Bücher und Urkunden und vieles mehr. 1887 wurde diese Stätte an der schon damals zur Ehre der Gräfin benannten Luisenstraße 5 als Museum für das Kasseler Publikum freigegeben. Leider genoss das Museum keine große Beliebtheit und wurde sehr "stiefmütterlich" von den Kasselern behandelt. Deswegen wurde es bereits 1921 aufgelöst und das Gebäude 1958 abgerissen. Das Einzige, was von der Kunststätte der Luise Bose übrig geblieben ist, ist ein Relief. Diese Skulptur kann man heute noch an der Luisenstraße bewundern. Auf diese Weise erinnern nicht nur die Straße und der Platz, sondern auch diese Arbeit des Bildhauers Prof. Josef von Kopf an eine der größten Wohltäterinnen, die Kassel jemals hatte.

Westendstraße

Wie der Name erkennen lässt, markierte diese Straße einmal das westliche Ende der Stadt - und zwar ca. um 1880. Noch wenige Jahre zuvor hatte sie am Ständeplatz geendet. Westlich davon lag einem Stadtplan von 1878 zur Folge (dort wo heute Nachkriegsbauten stehen, die Königstorhalle und ein Spielplatz sich befinden) die Stadtkaserne, noch weiter westlich befanden sich nur ganz wenige Gebäude, insbesondere die Infanteriekaserne auf dem später von der Bereitschaftspolizei genutzten Gelände. Die Westendstraße markiert heute nach wie vor die Abgrenzug zwischen Kassel Mitte und dem Vor­deren Westen.

aus: Matthäus, Hohenzollernviertel

Weblinks

Webseite der Grundschule Königstor

Geschichte der Schule am Königstor

Dateien

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Datei:FOTO2

Literatur

Wolfgang Matthäus (Hg.), Vom Hohenzollernviertel zum Vorderen Westen. Straßennamen, Geschichte und „Geschichtspolitik“, Kassel 2005