Goetheanlage

Aus Geo West
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Kurzbeschreibung

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Die Goetheanlage wurde in den 1920er Jahren konzipiert und in der Zeit der Weltwirtschaftskrise bis 1933 als pflegeleichter Volksgarten für Spiel, Sport und Erholung realisiert. Diese Funktion erfüllt die Anlage auch heute noch in hohem Maße. Im Westen begrenzt die 1930 eingeweihte Heinrich-Schütz-Schule die Anlage, ein vorgesehenes Schulgebäude im Osten wurde nicht gebaut. Dort schließt sich der große Komplex der Diakonie-Kliniken an. Bei dem Bau der Grünanlage wurde die Drusel unterirdisch verrohrt. (Vgl. das Foto) Freizeitangebote in der Anlage sind ein Spielplatz, eine Basketballanlage und ein Generationenparcours. Der westliche Eingangsbereich wurde 2012/13 saniert. 2012 hat sich der Freizeit- und Sportverein Goetheanlage Kassel gegründet, der die Nutzung der Anlage fördern will. Deren Beliebtheit für das Feiern von Partys führte in der Vergangenheit nicht selten zu Konflikten zwischen vor allem Jugendlichen und Anwohnern, so dass 2012 ein nächtliches Alkoholverbot verhängt wurde.

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Geschichte

Die Goetheanlage in Kassels Vorderem Westen wurde in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts konzipiert und bis 1933 realisiert. Es sollte ein pflegeleichter Volksgarten für Spiel und Sport werden, der mit einem Rundweg erbaut wurde. Planer der Goetheanlage war der Stadtgartendirektor Rudolf Stier zusammen mit dem Stadtbaurat Labes. Die Goetheanlage war der Ausdruck der geänderten städteplanerischen Proritäten nach dem 1. Weltkrieg. (vgl. Wiegand) Es sollte ein modernes Quartier erstellt werden mit Wohnungen und zwei Schulen; eine wurde allerdings nur gebaut. Die Goetheanlage wurde rechteckig angelegt. Begrenzt wird sie im Osten von der Huttenstraße, im Süden von der Herkulesstraße, im Westen von der Freiherr-vom-Stein-Straße und im Norden von der Goethestraße. Die umgebende Bebauung besteht aus fünfgeschossigen Wohnhäusern. Durch die notwendige Höhenstaffelung am nördlichen Hang wird die Bauzeile so gegliedert, dass Teilabschnitte wie eigenständige Gebäude wirken. Beteiligt am Bau waren die Baugenossenschaften 1889 (damals Arbeiter Bauverein) sowie die „Heimat“ Bau AG ( heute GWH). Die Grünfläche entstand anstelle von Bauplätzen, die die damalige Aschrottgesellschaft nicht mehr verwerten konnte. Das tiefliegende Bett der Drusel wurde daher kanalisiert und mit Müll und Bauschutt bis unterhalb des Niveaus der Goetheanlage aufgefüllt.

Nach den weitreichenden Zerstörungen der Stadt im Oktober 1943 errichtete die Gestapo Kassel, die für den gesamten Regierungsbezirk zuständig war, in der Goetheanlage Baracken; daneben hatte sie eine Zweigstelle in Breitenau. Von hier aus wurden mörderiche Aktionen bis hin zu Massenmorden am Ende des Krieges geplant und angeordnet. Nach dem Krieg diente die Baracke der evangelischen Gemeinde Wehlheiden als Notkirche.

In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gab es das populäre Radrennen "Rund um die Goethanlage", das von der im Vorderen Westen ansässigen Firma Edelmann veranstaltet wurde.

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Architektur

Der ‚pflegeleichte Volkspark’ passt gut in die Reformbewegungen im Wohnungsbau, wie wir sie in der Jahrhundertwende als Gegenpol zur überlasteten Mietskaserne erleben. Die Gesamtanlage wird durch die angrenzenden Architekturen räumlich klar begrenzt. An der Huttenstraße befindet sich eine Kindertagesstätte

Stadtplanung

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Der Schaffung der Goetheanlage lag der am Anfang des letzten Jahrhunderts nicht selbstverständliche Gedanke zu Grunde, eine frei verfügbare Fläche für alle zu schaffen, einen "Volkspark". Stadtgartendirektor Rudolf Stier verwirklichte ihn und schuf eine rechteckige, am Rand von Bäumen und Sträuchern umgebene Fläche mit Ruhezonen und Aktivitätsbereichen. Diesem Nutzungsgedanken wurde die Anlage erst nach Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg und ihrer Neugestaltung durch Stadtgartendirketor von Eichel-Streiber wirklich gerecht. Das Gelände, das von der Drusel durchflossen wurde und von Aschrott auch als Bauland vorgesehen war,wurde nun ganz anders genutzt, indem die Drusel verrohrt und das Gelände aufgeschüttet wurde, das allerdings immer noch um eniges tiefer liegt, als die Goethestraße.

In der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg wurden am westlichen Ende vor der Freiherr-vom-Stein-Straße betonierte Feuerlöschbecken angelegt, die in der Nachkriegszeit als Eisbahn im Winter, von Skatern und Basketballern (auch heute noch) genutzt wurden.

Die einfache und prägnante Grundfigur der Goetheanlage wird im Osten von der Huttenstraße begrenzt und leitet hier rechtwinklig nach Norden in den Huttenplatz über. Diese städtebaulich schöne und interessante Platzfolge wird dann über den Stadthallenvorplatz weitergeführt. Die strenge achsiale Symmetrie der Anlage bis zum Säulenportikus und bis zu den Kolonnaden der Stadthalle vermittelt einen herrschaftlichen Charakter, der aufgrund der gesamten Komplexität anderer Stadt-Teile nicht störend sondern eher bescheiden empfunden wird.

Sehenswürdigkeiten / Besonderheiten

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Freizeitangebote in der Anlage sind ein Spielplatz, eine Basketballanlage und ein Generationenparcours. Der westliche Eingangsbereich wurde 2012/13 saniert.

2012 hat sich der Freizeit und Sportverein Goetheanlage Kassel gegründet. Sein oberstes Anliegen ist es, "den Aufenthalt in der Goetheanlage Kassel für alle Besucher noch angenehmer und abwechselungsreicher zu gestalten. ... Desweiteren strebt der Verein nach Instandhaltung, Verbesserung und Reinhaltung der Anlage."

Diesem Anliegen wird er - als einziger Verein im Vorderen Westen neben Kassel West e. V. - auch gerecht. Auf Facebook rief er im März 2013 auf:

"Am Samstag ist Frühjahrsputz angesagt! Um 9 Uhr 30 Treffpunkt am Löschbecken um von den Stadtreinigern mit Werkzeugen ausgestattet zu werden. Es ist eine große Aufräumaktion die in ganz Kassel stattfindet. Jeder ist herzlich willkommen mit anzufassen um unsere geliebte Goetheanlage frisch und sauber für den Sommer zu machen der dann auch ruhig bald kommen darf!!!"

Zur gleichen Zeit hieß es:

"Im April steigt ein Basketball-Tunier in der Goethe dafür sind wir noch auf der Suche nach Fotos für den Flyer! Wer Bilder von der Goethe hat, postet diese einfach hier auf der Seite!"

Die Beliebtheit der Anlage (häufig einfach "die Goethe" genannt) für das Feiern von Partys führte in der Vergangenheit nicht selten zu Konflikten zwischen vor allem Jugendlichen und Anwohnern, so dass 2012 ein nächtliches Alkoholverbot verhängt wurde.


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Der neu gestaltete westliche Bereich

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Der Bau der Anlage

Die Goetheanlage mit ihrem hohen Freizeit- und Erholungswert für ganz verschiedene Bevölkerungsgruppen war eine nachhaltige Investition in die Zukunft. Realisiert wurde sie in der Zeit außerordentlicher wirtschaftlicher Schwierigkeiten, in der Zeit der Weltwirtschaftkrise. Eingeweiht wurde Sie unter dem Zeichen der Hakenkreuzes der Nationalsozialisten, die sich nicht nur hier mit dem schmückten, was die von ihnen so verachtete Republik geschaffen hatte.Der Bau der Anlage, der sicherlich auch Arbeitsplätze schuf oder erhielt, ist in einer eindrucksvollen Fotoserie im Stadtmuseum Kassel überliefert. Wir verdanken diesen Hinweis Dr. Alexander Link vom Stadtmuseum. Wahrscheinlich stammen die Fotos vom Planer der Anlage, Rudolf Stier, selbst - jedenfall ist das so überliefert.

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Diakonissenhaus

Die Geschichte des „Hessischen Diakonissenhauses“ – heute „Kurhessisches Diakonissenhaus Kassel“ – begann am 18. Oktober 1864 in Treysa. Junge, unverheiratete Frauen folgten dem Aufruf des Ortspfarrers Franz von Roque, sich in den Liebesdienst der Kirche zu stellen. Eine Papiermühle oberhalb der Stadt wurde zum Mutter- und Krankenhaus umgebaut. Neben der Krankenpflege entwickelten sich mehr und mehr die Erziehungs- und Bildungsarbeit und der Dienst der Gemeindeschwestern in den Städten und Dörfern Nordhessens. Die Zahl der Diakonissen wuchs. Ein notwendiger, zukunftsweisender Schritt – auch um die Einrichtung öffentlich bekannter zu machen – war der Ortswechsel von Treysa in die größere Stadt Kassel. Der Umzug geschah unter der Leitung von Oberin Diakonisse Marie Behre und Vorsteher Pfarrer Franz Sardemann.

Am 17. Januar 1883 übersiedelte das Diakonissenhaus an seinen heutigen Standort Goethestraße (damals Kaiserstraße). Sechs Monate später wurde die Kapelle als Ort der inneren Stärkung und Stille für Hausgemeinde, Kranke und Nachbarn eingeweiht. Sie war im neugotischen Stil und in Einheit mit dem Krankenhaus erbaut und eingerichtet.

Bis 1939 erlebte das Diakonissenhaus Kassel seine Blütezeit. 534 Diakonissen folgten damals dem Ruf Jesu Christi. Tätig waren sie in 200 Gemeinden des „Hessenlandes“, in zwölf Krankenhäusern, in verschiedenen Heimen, in Schulen und Kindergärten sowie in fürsorgerischen und volksmissionarischen Aufgaben und im Missionsdienst in Afrika.

1943/1944, im 2. Weltkrieg, wurde Kassel mehrmals bombardiert. Dabei wurden auch die Kapelle zerstört und die angrenzenden Gebäude stark beschädigt. Am Standort der damaligen Kapelle befinden sich heute zwei Stelen. Die eine erinnert mit Steinfragmenten, welche bei Aushubarbeiten im Zuge der Erweiterung des Diakonissenkrankenhauses entdeckt wurden, an die zerstörte Mutterhauskirche von 1884. Die andere Stele lädt mit einer Zeittafel an, der Geschichte des Diakonissenhauses Kassel zu gedenken.

Die neue, jetzige Mutterhauskirche am anderen Ende des Hauptgebäudes wurde am 6. Mai 1962 eingeweiht. Ihre Zeltform erinnert daran, dass wir Menschen auf Erden unterwegs sind und keine bleibende Stätte haben. Andacht und Gottesdienst in dieser Kirche sind für alle Menschen offen. Hier versammeln sich mit Nachbarn und Freunden auch Mitarbeiter und Patienten der benachbarten AGAPLESION DIAKONIE KLINIKEN KASSEL zum gemeinsamen Gottesdienst. Tätige Nächstenliebe hat im Kurhessischen Diakonissenhaus Kassel eine lange Tradition, deren Grundlage die Diakonissen und ihre Arbeit in Kindertagesstätten und in der Kinder- und Jugendhilfe, in Ausbildung und Seelsorge, in Begleitung und Betreuung alter und pflegebedürftiger Menschen bilden. Alles Wirken geschieht bis heute im Geist der Liebe am Nächsten und orientiert sich am biblisch-diakonischen Leitsatz „Gemeinsam aus Liebe zum Menschen“.

www.kdhk.de

Weblinks

Kassel West zu den Radrennen

Generationenparcours

FSV Goetheanlage Kassel e. V.

Der Gartenarchitekt Rudolf Stier und das Bad Wilhelmshöhe

Zur Drusel und ihrer Kanalisierung

Zur Geschichte des Diakonissenhauses

Dateien

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Literatur

Astrid Heck / Sandra Schäfer, „Parks und Plätze in Kassel“ – ein Führer zu öffentlichen Freiräumen, Universität Gesamthochschule Kassel 1999

Thomas Wiegand, Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Hessen. Stadt Kassel II, hg. vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Wiesbaden 2005