Bebelplatz

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Kurzbeschreibung

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Am Bebelplatz (früher: Markt, Neumarkt, Hindenburgplatz) schlägt wohl das Herz des Vorderen Westens. Seiner ursprünglichen Bezeichnung als Markt macht er noch heute alle Ehre. Von Anfang an war er als Verkehrsknotenpunkt, als Straßenplatz, gedacht – aber auch als Schmuckplatz, der dem neu entstehenden Viertel gegen Ende des 19. Jahrhunderts ein Glanzlicht aufsetzen sollte. So wurde mit Aschrotts Geld der Turm der Rosenkranzkirche als prägendes Bauwerk am Platz (Grundsteinlegung 1899) um ein Stockwerk erhöht. Über den Stadtteil hinaus erregten die Jugendstilhäuser an der Nordseite und in der Dörnbergstraße damals wie heute noch Aufmerksamkeit. Die heutige Randbebauung verweist mit ganz unterschiedlichen und aus heutiger Sicht wenig gelungenen Stadtreparaturen auf die Wunden, die der Krieg hier verursachte. Ursprünglich umfuhr die Straßenbahn den Platz an seiner Nordseite. Mit ihrer Verlegung in die Mitte und damit der Zerschneidung des Platzes begannen vor 100 Jahren Probleme, die auch bei seiner letzten Umgestaltung am Anfang dieses Jahrhunderts eine Rolle spielten.

Geschichte

Zweiter Weltkrieg

Dass der Bombenkrieg am Platz starke Zerstörungen hinterließ, ist noch heute deutlich sichtbar. Am Platz waren mehrere Häuser zerstört - vor allem an der Nordseite, aber auch am Kirchweg, an der Ecke Friedrich-Ebert-Straße/Dörnbergstraße, in der Mitte der Südseite (Friedrich-Ebert-Straße 151). Es sollte bis in die 80er Jahre dauern, bis die letzte Baulücke (Friedrich-Ebert-Straße 151) wieder geschlossen war. Zuvor waren zu unterschiedlichen Zeiten und in ganz unterschiedlichen Formen und Höhen Häuser wieder errichtet worden und zeugen von dem Architekturverständnis der jeweiligen Zeit - oder auch nur den finanziellen Möglichkeiten beim Neuaufbau.


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21. Jahrhundert - ein Platz wird saniert

,,Der Bebelplatz prägt das Stadtbild und hat eine herausragende Bedeutung nicht nur für den Stadtteil, sondern für das gesamte Stadtgebiet“, stellte Stadtbaurat Bernd Streitberger um die Jahrtausendwende fest. Der Denkmalbeirat der Stadt betrachtete ihn als „Mittelpunkt und lebendiges Zentrum des Vorderen Westens“. Das einstige „Juwel“ (Westwärts), das „Herz“ des Stadtteils, rückte in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses. Ausgelöst worden war dies durch die Vorhaben der KVG, an ihren Einrichtungen auf dem Platz grundlegende Änderungen vorzunehmen. Anlass für den Ortsbeirat und eine Gruppe interessierter Bürger im „Arbeitskreis Bebelplatz“, bei der Stadt um eine Umgestaltung des Platzes zu ringen, die nicht nur die Bedürfnisse der KVG befriedigen sollte. Zu sehr war der Platz im Laufe von Jahrzehnten verwahrlost, zu groß war das Einverständnis im Stadtteil, dass er sich in einem sanierungsbedürftigen Zustand befand. Ortsvorsteher Wolfgang Rudolph beklagte, dass man seine Zerstückelung zugelassen, der Sprecher des AK Bebelplatz Holger H. Möller, dass es über Jahrzehnte keine Planung gegeben, man wahllos platziert habe, was gerade benötigt wurde: Telefonhäuschen, WC, Müllcontainer, Bänke und vieles mehr: ein „Museum für Stadtmöbel“, ein Platz ohne wirkliche Aufenthaltsqualität. Der Arbeitskreis Bebelplatz stellte jahrelang ein Bürgerbeteiligungsprojekt dar, der über seinen eigenen Kreis hinaus eine breite Bürgerbeteiligung zur Umgestaltung des Platzes initiierte und dabei um einen - nicht einfachen - Konsens im Stadtteil und dann mit der Stadt rang. Vielfältig waren die Aktionen: Workshops, Bebelplatztage, Auftritte in der Speakers Corner, Ausstellungen, Lesungen, ein eigener Bebeplatzsekt und vor allem Fragebogenaktionen, durch die möglichst viele zu Wort kommen sollten. Dem Arbeitskreis selbst ging es dabei nicht um eine völlige Neugestaltung, sondern bei Bewahrung der historischen Gestalt um eine Sanierung. Vom Traum eines Bebelplatzes als „Lern-, Kommunikations- und Dialogort im Stadtteil“ sprach der Ortsvorsteher. Letztendlich führte die Bürgerbeteiligung nur teilweise zur Berücksichtigung der aus ihr erwachsenen Vorschläge durch die Stadt, der von ihr vorgegebene finanzielle Rahmen schränkte die Möglichkeiten ein. Wesentliche Änderungen waren unter anderem: die Verlängerung des Platzes sowohl in Richtung Stadthalle als auch in Richtung Friedenskirche (um bessere Überquerungsmöglichkeiten zu schaffen), die Verlegung der Haltestelle in östlicher Richtung (so dass die Platzmitte nicht mehr durch Züge der KVG blockiert ist), die Umgestaltung der Platzränder, ein Aufräumen des Platzes (Abbau des WC-Häuschens und der Wertstoff- und Müllcontainer, die jetzt erstmals in Kassel einen unterirdischen Platz fanden), die Sanierung der Bürgersteige und barrierefreie Gestaltung der Haltestellen, die Bemalung des Trafohauses durch F. Deventer.


Der Bebelplatz 2013


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Architektur

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Jugendstil

Die meisten Häuser am Bebelplatz wie überhaupt im Vorderen Westen wurden in der Gründungsphase in historisierenden Bauformen errichtet - dem allgemeinen Trend im Kaiserreich folgend. Architekten griffen auf „Versatzstücke“, die Formensprache aus der Architekturgeschichte zurück: z. B. aus der Renaissance oder der Romanik, die man beim Bau der Rosenkranzkirche bemühte. Am Bebelplatz fallen einige Häuser aus diesem Rahmen. Im Jugendstil errichtet, erweckten sie zur Zeit ihres Baus eine hohe Aufmerksamkeit - die ihnen auch heute wohl wieder gewidmet wird. Vier der ursprünglich fünf Häuser (Dörnbergstraße 1-5, Friedrich-Ebert-Straße 130-132) haben den Krieg überstanden. Die Häuser in der Dörnbergstraße 3 und 5 unterscheiden sich dabei bereits deutlich von denen unmittelbar am Platz. Der Jugendstil verweist hier bereits auf die moderne Architektur, findet aber bei den Kasseler Bauten vor allem nur im Dekor seinen Ausdruck.

Städtebau

Der Bebelplatz - das Herz des Vorderen Westens - zeigt eine besondere formale Ausprägung. Sechsgeschossige Wohn- bzw. Geschäftshäuser bilden ein fast regelmässige Oval. Die Figur des Ovals besitzt eine hohe Einprägsamkeit und ist in dem betreffenden Kartenmaterial deutlich erkennbar. Der Platz ist von vielen Geschäften und Dienstleistern umrahmt und in der weiteren Nachbarschaft befinden sich weitere interessante Läden und Gastronomien, die den Begriff 'Szeneviertel' rechtfertigen. Aber ebenfalls ist der Bebelplatz ein lokaler Verkehrsknotenpunkt, bei dem viele Verkehrsarten sich überlagern und verknüpfen. Bei allen Planungen in der jüngeren Vergangenheit hatte der Platz eine wichtige verkehrliche Funktion und nicht mehr die romantische Idylle früherer Gemälde und Fotos. Und er wurde geprägt von einer Mitte, die einen multifunktionalen und urbanen Raum darstellen sollte. In allen Diskussionen um die Gestaltung der Platzmitte wurde der Wunsch nach einer Grünfläche und einem Erholungsort sichtbar. Dies stand häufig im Widerspruch zu Nutzungsangeboten und Gestaltungsformen für die Fläche. Heute teilen die Oberflächen den Platz in verschiedene Zonen. Im Zuge verschiedener bürgerschaftlicher Aktivitäten hat die Stadt Kassel sich zu einer Umgestaltung des Bebelplatzes Anfang 2000 entschlossen. Es wurden eine Reihe von Verbesserungen erzielt, auch wenn wesentliche Elemente der ursprünglichen Planung von Bürgerinitiativen und Stadt auf der Strecke blieben. ,

Sehenswürdigkeiten / Besonderheiten

Rosenkranzkirche

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Die katholische Pfarrkirche Sankt Marien, auch Rosenkranzkirche genannt, gehört zu den markansten Bauwerken des Vorderen Westens. Ihre Geschichte begann im kleinen Kreis. Am Abend des Hochfestes Mariä Himmelfahrt, dem 15. August 1892, versammelten sich im "Wehlheider Hof" 32 Männer, um eine Kapellengemeinde zu gründen - mit dem Ziel, eine eigene Kirche zu bauen. 1893 kaufte der Kirchenvorstand der Pfarrei Sankt Elisabeth, die bis dahin auch einzige Katholische Pfarrgemeinde in Kassel war, ein Grundstück für eine Kirche in Wehlheiden. Eine Notkapelle zur Feier der Gottesdienste wurde errichtet, die sich aber für den damals rasant wachsenden Stadtteil schnell als zu klein erwies, zudem war das Bauland ungeeignet. Aschrott schenkte der Gemeinde ein Grundstück am Neumarkt, dem heutigen Bebelplatz. Am 21. März 1899 wurde Regierungsbaumeister Georg Kegel, aktives Gemeindemitglied, vom Kirchenvorstand mit der Entwurfs- und Detailplanung sowie der Bauleitung für eine Pfarrkirche im Neoromanischen Stil beauftragt. Bereits wenige Monate später, am 3.Juli 1899, war Grundsteinlegung. Am 17. Juni 1901, acht Monate früher als geplant, feierte die Gemeinde den ersten Gottesdienst mit der Weihe der Kirche durch Bischof Adalbert Endert aus Fulda. Vergessen waren die vorangegangen Konflikte um Einzelheiten am Gebäude. Da nämlich das Geld knapp war, musste Architekt Kegel um jede Einzelheit kämpfen, so sollte z. B. der Turm einige Meter niedriger als geplant und die Kirche nur halb so groß errichtet werden. So weit kam es jadoch nicht, da der Gönner Aschrott, der ein enger Freund und Bewunderer Kegels war, mit einer hohen Finanzspritze aushalf. In der Kirche wurde ein Hochaltar errichtet, der - wie in der Romanik üblich - von einem Baldachin gekrönt war. Schmiedeeiserne Gitter für den Abschluss des Längsschiffes als Brüstung vor der Pieta, Chorgestühl und Beichtühle wurden nach Plänen Kegels gefertigt. 1901 erklang erstmalig das Geläut der vier Bronzeglocken der Firma Otto aus Hemelingen. Für die Finanzierung des Geläuts musste die Gemeinde selbst aufkommen und so gingen Gemeindemitglieder im Vorderen Westen von Haus zu Haus und sammelten für die neuen Glocken. Es folgten die Statuen der hlg. Maria und des hlg. Josef zu beiden Seiten der Apsis, eine Pieta unter der Orgelempore und ein Herz-Jesu-Altar für das rechte Querschiff. Im Jahre 1923 verstarb der erste Pfarrer der Gemeinde Heirich Burchard, der vor dem Herz-Jesu-Altar beigesetzt wurde. 1925 erfolgte der Einbau einer Orgel, 1934 die Ausmalung der Kirche durch den Kunstmaler Augustin Kolb und seine Söhne. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Rosenkranzkirche schwer beschädigt, nachdem sie die Bombenangriffe vom 23. Januar 1944 fast unbeschadet überstanden hatte. Am 28. September 1944 wurde sie in der Vierung getroffen. Das Längsschiff und das linke Querschiff stürtzten ein und begruben die Kanzel und das Gestühl unter sich. Während weitere Brandbomben die Orgel zersörten, blieben der Hochaltar und das rechte Quer- und Seitenschiff unzerstört. Provisorisch wurde das rechte, noch erhalten gebliebene Schiff von der zerstörten Kirche abgemauert und unter der Orgel­empore eine Notkapelle eingerichtet, in welcher die Überlebenden und Daheimgebliebenen ihre Gottesdienste feierten. Trotz weiterer Bombenangriffe 1945 gingen die Arbeiten weiter, 1946 begann der endgültige Wiederaufbau, der im Jahr 1949 sein Ende fand. 1952 bekam die Kirche ein neues Geläut, bestehend aus vier Leihglocken aus Bremen, Danzig, Kunzendorf und Freidersdorf, da die eigenen Glocken im Januar 1941 für Kriegszwecke eingeschmolzen worden waren. Am 9. September 1964 verstarb, nach 57-jähriger Tätigkeit als Pfarrer der Gemeinde, Heinrich Roßbach, der mit großem Engagment den Wiederaufbau der Kirche nach dem Krieg vorangetrieben hatte. Im selben Jahr übernahm Philipp Heim die Leitung der Pfarrei. Im Jahr 1973 begann mit dem Einbau einer neuen Orgel die Zeit der drastischen Umgestaltung der Kirche. Ein Jahr später folgte die Veränderung des Innenraumes nach den Vorstellungen des Zweiten Vatikanischen Konzils. Das Konzil verlangte u. a., dass die Gemeinde näher an den Altar rückte und sich quasi um ihn versammeln sollte. Eine stärkere Rolle wurde der Gottesdienstgemeinde zugesprochen und somit der weit entfernte Hochaltar als Dreh- und Angelpunkt der katholischen Liturgie verboten. So wurde der neue Altar schließlich mehr in der Mitte der Kirche aufgestellt, um somit der Gottesdienstgemeinde einen besseren Kontakt zur Liturgie am Altar zu gewährleisten. Eine Entfernung der alten Einrichtung wäre nicht notwendig gewesen, aber die Menschen damals, vom Reformgeist des Konzils bewegt, wollten es vielerorts, so auch in der Rosenkranzkirche. Das hieß, dass das Chorgestühl sowie der Hochaltar und die beiden Seitenaltäre der Müllpresse zum Opfer fielen. Im Jahr 1974 wurde Paul Friesenhagen Organist, Chorleiter und Reginonalkantor an Sankt Marien, eine bis heute wichtige Stelle für die Kirchenmusik und die kirchenmusikalische Ausbildung in Kassel. 1994 trat der langjährige Pfarrer Philipp Heim in den Ruhestand. Unter seiner Leitung war die Kirchengemeinde umstrukturiert und die Kirche bis zum Schluss seiner Amtszeit immer wieder mit neuen Einrichtungsgegenständen versehen worden. So wurde noch Anfang der 90er Jahre der alte Kreuzweg aus Holz entfernt und durch einen modernen Kreuzweg des Künstlers Hubert Elsässer ersetzt. Am 1. Januar 1995 trat Reinhold Kircher seinen Dienst als Pfarrer in der Gemeinde an, er war zuvor als Militärdekan für Nordhessen tätig. 2000 ging Regionalkantor Friesenhagen in den Ruhestand. Sein Nachfolger wurde Thomas Pieper, der regelmäßige Konzerte in das kirchliche Leben integrierte. Im Jahr 2001 konnte in dem nun stark sanierungsbedürftigen Gotteshaus mit Weihbischof Johannes Kapp aus Fulda das 100-jährige Kirchweihjubiläum gefeiert werden. Immer wieder wurde um Spenden für die Sanierung gebeten, die im darauffolgenden Jahr beginnen konnte und im selben Sommer beendet war. Im August trat Monsignore Kircher in Pension. Sein Nachfolger im Amt wurde der ehemalige Pfarrer von Baunatal Paul Schupp. Heute leben über 3500 Menschen im Pfarreigebiet. Nicht nur für sie, sondern auch für viele Menschen über die Gemeindegrenzen hinaus ist die Rosenkranzkirche eine geistliche Heimat.

Christos Theel


"Sanierungsergebnisse"

Mit der Umgestaltung des Platzes zu Beginn dieses Jahrhunderts wurde das Trafohaus von dem Kasseler Künstler Friedel Deventer bemalt. Seitdem ist es von Graffitis verschont geblieben. Manch einer im Stadtteil hätte sich allerdings vielleicht ein anderes "Motiv" gewünscht.

Bestandteil des "Aufräumens" auf dem Platz, der Entfernung weiter Teile einer wildwuchernden Möblierung des öffentlichen Raumes, war es auch, die Wertstoffcontainer unter die Erde zu verbannen. Dieses Anliegen der Bürgeriniative "Arbeitskreis Bebelplatz" konnte durchgesetzt werden. Inzwischen ist diese für Kassel erstmalige Einrichtung auch bei anderen städtebaulichen Maßnahmen berücksichtigt worden - zum Beispiel beim Umbau von Goethe- und Germaniastraße.


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Bedeutung des Namens

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Der Platz hieß zunächst Markt, mit der Eingemeindung Wehlheidens Neumarkt. 1919 wurde Hindenburg sein Namenspatron. Im Zuge vieler Umbenennungen erhielt er 1947 den heutigen Namen.

August Bebel wurde am 22. Februar 1840 als Sohn eines preußischen Unteroffiziers und des Dienstmädchens Wilhelmine Johanna in Deutz bei Köln geboren. Der hochbegabte Junge musste seine in ärmlichen Verhältnissen lebende Familie von klein auf durch Heimarbeit finanziell unterstützen. 1847-1854 besuchte Bebel die Armen- und Bürgerschule in Wetzlar. Kurz vor Ende seiner schulischen Ausbildung wurde der 13jährige zum Vollwaisen. Nach Abschluss seiner Drechslerlehre begab sich August Bebel 1858 auf Wanderschaft. 1860 ließ er sich schließlich in Leipzig nieder. Diese Stadt war damals ein Zentrum der aufsteigenden Arbeiterbewegung mit liberalen Tendenzen. Hier begann die politische Karriere des späteren Publizisten. 1864 wurde der Handwerksgeselle selbstständiger Drechslermeister in Leipzig und im folgenden Jahr zum ersten Vorsitzenden des Arbeitsbildungsvereins gewählt, der aus dem ehemaligen Gewerblichen Bildungsvereins hervorging. Die Bekanntschaft mit Wilhelm Liebknecht veränderte seine politischen Ansichten und brachte ihm den Marxismus näher. Gemeinsam gründeten sie 1866 die "Sächsische Volkspartei". Im selben Jahr heiratete der junge Bebel die Putzmacherin Julie Otto. 1867 wurde Bebel als Abgeordneter seiner Volkspartei in den Norddeutschen Reichstag gewählt, kurz darauf Vorsitzender des "Verbandes Deutscher Arbeitervereine" (VDAV) und Mitglied der "Internationalen Arbeiterassoziation" (IAA). Ende der 60er Jahre löste sich Bebel vom bürgerlichen Liberalismus und wendete sich stark den Marxschen Thesen zu. Bebel wurde nun endgültig zum Sozialisten. Die marxistischen Theorien wurden letztendlich auch Grundlage für das Programm und die Statuten der neu gegründeten Sozialdemokratischen Arbeiter Partei (SDAP), zu deren Mitbegründern erneut August Bebel und Wilhelm Liebknecht zählten, die sich beide von Lassalle und dessen Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein ab­grenzten. 1871 wurde Bebel Mitglied des Deutschen Reichstages, dem er bis zu seinem Tod angehörte. Auf Grund seiner antimilitaristischen, antiimperialistischen Haltung und der offenkundigen Ablehnung der Politik Bismarcks litt er lange unter politischer Verfolgung. 1872 wurden die Parteiführer Bebel und Liebknecht sogar auf Grund von Majestätsbeleidigung und Hochverrats zu beinahe drei Jahren Festungshaft verurteilt. Während dieser Haft begann der herausragende Rhetoriker seine politischen Erkenntnisse und Theorien niederzuschreiben. Neben zahlreichen Zeitungsartikeln und politischen Kommentaren verfasste Bebel auch Bücher. Als erstes umfangreiches politisch-historisches Werk erschien 1875 "Der deutsche Bauernkrieg". Sein theoretisches Hauptwerk wurde allerdings "Die Frau und der Sozialismus", das nur vier Jahre später illegal in Deutschland erschien. Bis zur Jahrhundertwende wurde dieses Buch weltweit zur meistgelesenen sozialdemokratischen Schrift. Nach seiner Entlassung 1875 fand die Vereinigung der Arbeiterbewegung statt. Die SDAP verbündete sich mit dem "Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein" (ADAV), der nach den Prinzipien Ferdinand Lassalles geführt wurde. Trotz der programmatischen Bedenken und Kritik an den Ideen Lassalles begrüßte und beförderte Bebel die Gründung der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) maßgeblich. Gegen den zunehmenden Erfolg dieser SAP erließ der Reichstag - vor allem auf Initiative Bismarcks - das "Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie" (Sozialistengesetz), das die Reichstagsfraktion der Partei - darunter August Bebel - als einzige legale Organisation der Sozialisten in Deutschland beließ. 1880 lernte Bebel Karl Marx und Friedrich Engels in London persönlich kennen. 1881 wurde er auf Grund seiner politischen Haltung und scharfer Kritik der "Sozialistengesetze" aus Leipzig ausgewiesen. Daraufhin siedelte er nach Dresden über. Auch in den 80er Jahren litt Bebel weiterhin unter politischer Verfolgung und musste erneut mehrere Haftstrafen verbüßen. Doch selbst diese fortschreitende Verfolgung konnte ihn nicht davon abbringen, weiterhin für Frieden, Völkerverständigung und den gesellschaftlich-politischen Fortschritt zu kämpfen. Er war der unumstrittene Führer der sozialdemokratischen Bewegung. 1890 wurde die SAP in die "Sozialdemokratische Partei Deutschlands" (SPD) um­benannt und nahm ein neues Statut an, welches hauptsächlich auf Bebels marxistischen Vorstellungen basierte. Bebel beeinflusste maßgeblich das "Erfurter Programm" der Partei nach der Aufhebung der Sozialistengesetze. Im Laufe der neunziger Jahre entwickelte sich die SPD zur wählerstärksten Massenpartei, die 1912 die stärkste Fraktion im Reichstag stellte. August Bebel wurde 1892 in den Parteivorsitz gewählt. In dieser Funktion vertrat er eine mittlere Linie zwischen den linken Radikalisten und den sog. Revisionisten, war für einen Ausgleich zwischen marxistischer Theorie und politischer Praxis. Ab 1900 gehörte Bebel zu den führenden Autoritäten der II. Internationale, an deren Gründung er im Juli 1889 aktiv teilgenommen hatte. Ab jetzt nahm der Politiker an allen wichtigen Sozialistenkongressen in Europa teil. 1904-1913 war August Bebel außerdem Mitglied des "Internationalen Sozialistischen Büros" (ISB). Nach dem Tod seiner Frau hielt sich der Publizist größtenteils in der Schweiz auf, wo er an seiner Biografie "Aus meinem Leben" arbeitete. Am 13. August 1913 starb August Bebel im Schweizer Kurort Passugg an einem Herzleiden.

Zukunft des Ortes

Auch wenn der Platz im Wesentlichen seine Funktion erfüllt, kann an mehreren Stellen über Detailverbesserungen nachgedacht werden: zum Beispiel die ursprünglich vorgesehene architektonische Aufwertung des Trafohäuschens und die Beleuchtung des Platzes. Die vorhandenen Initiativen vor allem von der Gemeinschaft der Einzelhändler um den Bebelplatz sorgen auch für eine künftige Bestandssicherung des zentralen urbanen Freiraums.

Literatur

Wolfgang Matthäus (Hg.), Vom Markt zum Bebelplatz. Eine Dokumentation, Kassel 2001 (Schriften der WERKSTATT GESCHICHTE an der Albert-Schweitzer-Schule, Heft 3) I ders. (Hg.), Plätze im Vorderen Westen. Geschichte(n) eines Kasseler Stadtteils, Kassel 2010 (Schriften der WERKSTATT GESCHICHTE an der Albert-Schweitzer-Schule, Heft 8)