Bebelplatz: Unterschied zwischen den Versionen

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(Bedeutung des Namens)
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== Bedeutung des Namens ==
 
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Der Platz hieß zunächst Markt, mit der Eingemeindung Wehlheidens Neumarkt. 1919 wurde Hindenburg sein Namenspatron. Im Zuge vieler Umbenennungen erhielt er 1947 den heutigen Namen.
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August Bebel wurde am 22. Februar 1840 als Sohn eines preußischen Unteroffiziers und des Dienstmädchens Wilhelmine Johanna in Deutz bei Köln geboren. Der hochbegabte Junge musste seine in ärmlichen Verhältnissen lebende Familie von klein auf durch Heimarbeit finanziell unterstützen. 1847-1854 besuchte Bebel die Armen- und Bürgerschule in Wetzlar. Kurz vor Ende seiner schulischen Ausbildung wurde der 13jährige zum Vollwaisen. Nach Abschluss seiner Drechslerlehre begab sich August Bebel 1858 auf Wanderschaft. 1860 ließ er sich schließlich in Leipzig nieder. Diese Stadt war damals ein Zentrum der aufsteigenden Arbeiterbewegung mit liberalen Tendenzen. Hier begann die politische Karriere des späteren Publizisten. 1864 wurde der Handwerksgeselle selbstständiger Drechslermeister in Leipzig und im folgenden Jahr zum ersten Vorsitzenden des Arbeitsbildungsvereins gewählt, der aus dem ehemaligen Gewerblichen Bildungsvereins hervorging. Die Bekanntschaft mit Wilhelm Liebknecht veränderte seine politischen Ansichten und brachte ihm den Marxismus näher. Gemeinsam gründeten sie 1866 die "Sächsische Volkspartei". Im selben Jahr heiratete der junge Bebel die Putzmacherin Julie Otto.
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1867 wurde Bebel als Abgeordneter seiner Volkspartei in den Norddeutschen Reichstag gewählt, kurz darauf Vorsitzender des "Verbandes Deutscher Arbeitervereine" (VDAV) und Mitglied der "Internationalen Arbeiterassoziation" (IAA). Ende der 60er Jahre löste sich Bebel vom bürgerlichen Liberalismus und wendete sich stark den Marxschen Thesen zu. Bebel wurde nun endgültig zum Sozialisten. Die marxistischen Theorien wurden letztendlich auch Grundlage für das Programm und die Statuten der neu gegründeten Sozialdemokratischen Arbeiter Partei (SDAP), zu deren Mitbegründern erneut August Bebel und Wilhelm Liebknecht zählten, die sich beide von Lassalle und dessen Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein ab­grenzten. 1871 wurde Bebel Mitglied des Deutschen Reichstages, dem er bis zu seinem Tod angehörte. Auf Grund seiner antimilitaristischen, antiimperialistischen Haltung und der offenkundigen Ablehnung der Politik Bismarcks litt er lange unter politischer Verfolgung. 1872 wurden die Parteiführer Bebel und Liebknecht sogar auf Grund von Majestätsbeleidigung und Hochverrats zu beinahe drei Jahren Festungshaft verurteilt. Während dieser Haft begann der herausragende Rhetoriker seine politischen Erkenntnisse und Theorien niederzuschreiben. Neben zahlreichen Zeitungsartikeln und politischen Kommentaren verfasste Bebel auch Bücher. Als erstes umfangreiches politisch-historisches Werk erschien 1875 "Der deutsche Bauernkrieg". Sein theoretisches Hauptwerk wurde allerdings "Die Frau und der Sozialismus", das nur vier Jahre später illegal in Deutschland erschien. Bis zur Jahrhundertwende wurde dieses Buch weltweit zur meistgelesenen sozialdemokratischen Schrift.
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Nach seiner Entlassung 1875 fand die Vereinigung der Arbeiterbewegung statt. Die SDAP verbündete sich mit dem "Allgemeinen Deutschen  Arbeiterverein" (ADAV), der nach den Prinzipien Ferdinand Lassalles geführt wurde. Trotz der programmatischen Bedenken und Kritik an den Ideen Lassalles begrüßte und beförderte Bebel die Gründung der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) maßgeblich. Gegen den zunehmenden Erfolg dieser SAP erließ der Reichstag - vor allem auf Initiative Bismarcks - das "Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie" (Sozialistengesetz), das die Reichstagsfraktion der Partei - darunter August Bebel - als einzige legale Organisation der Sozialisten in Deutschland beließ.
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1880 lernte Bebel Karl Marx und Friedrich Engels in London persönlich kennen. 1881 wurde er auf Grund seiner politischen Haltung und scharfer Kritik der "Sozialistengesetze" aus Leipzig ausgewiesen. Daraufhin siedelte er nach Dresden über. Auch in den 80er Jahren litt Bebel weiterhin unter politischer Verfolgung und musste erneut mehrere Haftstrafen verbüßen. Doch selbst diese fortschreitende Verfolgung konnte ihn nicht davon abbringen, weiterhin für Frieden, Völkerverständigung und den gesellschaftlich-politischen Fortschritt zu kämpfen. Er war der unumstrittene Führer der sozialdemokratischen Bewegung.
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1890 wurde die SAP in die "Sozialdemokratische Partei Deutschlands" (SPD) um­benannt und nahm ein neues Statut an, welches hauptsächlich auf Bebels marxistischen Vorstellungen basierte. Bebel beeinflusste maßgeblich das "Erfurter Programm" der Partei nach der Aufhebung der Sozialistengesetze. Im Laufe der neunziger Jahre entwickelte sich die SPD zur wählerstärksten Massenpartei, die 1912 die stärkste Fraktion im Reichstag stellte. August Bebel wurde 1892 in den Parteivorsitz gewählt. In dieser Funktion vertrat er eine mittlere Linie zwischen den linken Radikalisten und den sog. Revisionisten, war für einen Ausgleich zwischen marxistischer Theorie und politischer Praxis.
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Ab 1900 gehörte Bebel zu den führenden Autoritäten der II. Internationale, an deren Gründung er im Juli 1889 aktiv teilgenommen hatte. Ab jetzt nahm der Politiker an allen wichtigen Sozialistenkongressen in Europa teil. 1904-1913 war August Bebel außerdem Mitglied des "Internationalen Sozialistischen Büros" (ISB). Nach dem Tod seiner Frau hielt sich der Publizist größtenteils in der Schweiz auf, wo er an seiner Biografie "Aus meinem Leben" arbeitete. Am 13. August 1913 starb August Bebel im Schweizer Kurort Passugg an einem Herzleiden.
  
 
== Weblinks ==
 
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Version vom 19. Februar 2013, 21:11 Uhr

Basisdaten
Adresse Hier steht die Adresse
Geo-Position Koordinaten


Kurzbeschreibung

Am Bebelplatz (früher: Markt, Neumarkt, Hindenburgplatz) schlägt wohl das Herz des Vorderen Westens. Seiner ursprünglichen Bezeichnung als Markt macht er noch heute alle Ehre. Von Anfang an war er als Verkehrsknotenpunkt, als Straßenplatz, gedacht – aber auch als Schmuckplatz, der dem neu entstehenden Viertel gegen Ende des 19. Jahrhunderts ein Glanzlicht aufsetzen sollte. So wurde mit Aschrotts Geld der Turm der Rosenkranzkirche als prägendes Bauwerk am Platz (Grundsteinlegung 1899) um ein Stockwerk erhöht. Über den Stadtteil hinaus erregten die Jugendstilhäuser an der Nordseite und in der Dörnbergstraße damals wie heute noch Aufmerksamkeit. Die heutige Randbebauung verweist mit ganz unterschiedlichen und aus heutiger Sicht wenig gelungenen Stadtreparaturen und die Wunden, die der Krieg hier verursachte. Ursprünglich umfuhr die Straßenbahn den Platz an seiner Nordseite. Mit ihrer Verlegung in die Mitte und damit der Zerschneidung des Platzes begannen Probleme, die auch bei seiner letzten Umgestaltung am Anfang diese Jahrhunderts eine Rolle spielten. WM

Geschichte

Architektur

Sehenswürdigkeiten / Besonderheiten

Bedeutung des Namens

Der Platz hieß zunächst Markt, mit der Eingemeindung Wehlheidens Neumarkt. 1919 wurde Hindenburg sein Namenspatron. Im Zuge vieler Umbenennungen erhielt er 1947 den heutigen Namen.

August Bebel wurde am 22. Februar 1840 als Sohn eines preußischen Unteroffiziers und des Dienstmädchens Wilhelmine Johanna in Deutz bei Köln geboren. Der hochbegabte Junge musste seine in ärmlichen Verhältnissen lebende Familie von klein auf durch Heimarbeit finanziell unterstützen. 1847-1854 besuchte Bebel die Armen- und Bürgerschule in Wetzlar. Kurz vor Ende seiner schulischen Ausbildung wurde der 13jährige zum Vollwaisen. Nach Abschluss seiner Drechslerlehre begab sich August Bebel 1858 auf Wanderschaft. 1860 ließ er sich schließlich in Leipzig nieder. Diese Stadt war damals ein Zentrum der aufsteigenden Arbeiterbewegung mit liberalen Tendenzen. Hier begann die politische Karriere des späteren Publizisten. 1864 wurde der Handwerksgeselle selbstständiger Drechslermeister in Leipzig und im folgenden Jahr zum ersten Vorsitzenden des Arbeitsbildungsvereins gewählt, der aus dem ehemaligen Gewerblichen Bildungsvereins hervorging. Die Bekanntschaft mit Wilhelm Liebknecht veränderte seine politischen Ansichten und brachte ihm den Marxismus näher. Gemeinsam gründeten sie 1866 die "Sächsische Volkspartei". Im selben Jahr heiratete der junge Bebel die Putzmacherin Julie Otto. 1867 wurde Bebel als Abgeordneter seiner Volkspartei in den Norddeutschen Reichstag gewählt, kurz darauf Vorsitzender des "Verbandes Deutscher Arbeitervereine" (VDAV) und Mitglied der "Internationalen Arbeiterassoziation" (IAA). Ende der 60er Jahre löste sich Bebel vom bürgerlichen Liberalismus und wendete sich stark den Marxschen Thesen zu. Bebel wurde nun endgültig zum Sozialisten. Die marxistischen Theorien wurden letztendlich auch Grundlage für das Programm und die Statuten der neu gegründeten Sozialdemokratischen Arbeiter Partei (SDAP), zu deren Mitbegründern erneut August Bebel und Wilhelm Liebknecht zählten, die sich beide von Lassalle und dessen Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein ab­grenzten. 1871 wurde Bebel Mitglied des Deutschen Reichstages, dem er bis zu seinem Tod angehörte. Auf Grund seiner antimilitaristischen, antiimperialistischen Haltung und der offenkundigen Ablehnung der Politik Bismarcks litt er lange unter politischer Verfolgung. 1872 wurden die Parteiführer Bebel und Liebknecht sogar auf Grund von Majestätsbeleidigung und Hochverrats zu beinahe drei Jahren Festungshaft verurteilt. Während dieser Haft begann der herausragende Rhetoriker seine politischen Erkenntnisse und Theorien niederzuschreiben. Neben zahlreichen Zeitungsartikeln und politischen Kommentaren verfasste Bebel auch Bücher. Als erstes umfangreiches politisch-historisches Werk erschien 1875 "Der deutsche Bauernkrieg". Sein theoretisches Hauptwerk wurde allerdings "Die Frau und der Sozialismus", das nur vier Jahre später illegal in Deutschland erschien. Bis zur Jahrhundertwende wurde dieses Buch weltweit zur meistgelesenen sozialdemokratischen Schrift. Nach seiner Entlassung 1875 fand die Vereinigung der Arbeiterbewegung statt. Die SDAP verbündete sich mit dem "Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein" (ADAV), der nach den Prinzipien Ferdinand Lassalles geführt wurde. Trotz der programmatischen Bedenken und Kritik an den Ideen Lassalles begrüßte und beförderte Bebel die Gründung der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) maßgeblich. Gegen den zunehmenden Erfolg dieser SAP erließ der Reichstag - vor allem auf Initiative Bismarcks - das "Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie" (Sozialistengesetz), das die Reichstagsfraktion der Partei - darunter August Bebel - als einzige legale Organisation der Sozialisten in Deutschland beließ. 1880 lernte Bebel Karl Marx und Friedrich Engels in London persönlich kennen. 1881 wurde er auf Grund seiner politischen Haltung und scharfer Kritik der "Sozialistengesetze" aus Leipzig ausgewiesen. Daraufhin siedelte er nach Dresden über. Auch in den 80er Jahren litt Bebel weiterhin unter politischer Verfolgung und musste erneut mehrere Haftstrafen verbüßen. Doch selbst diese fortschreitende Verfolgung konnte ihn nicht davon abbringen, weiterhin für Frieden, Völkerverständigung und den gesellschaftlich-politischen Fortschritt zu kämpfen. Er war der unumstrittene Führer der sozialdemokratischen Bewegung. 1890 wurde die SAP in die "Sozialdemokratische Partei Deutschlands" (SPD) um­benannt und nahm ein neues Statut an, welches hauptsächlich auf Bebels marxistischen Vorstellungen basierte. Bebel beeinflusste maßgeblich das "Erfurter Programm" der Partei nach der Aufhebung der Sozialistengesetze. Im Laufe der neunziger Jahre entwickelte sich die SPD zur wählerstärksten Massenpartei, die 1912 die stärkste Fraktion im Reichstag stellte. August Bebel wurde 1892 in den Parteivorsitz gewählt. In dieser Funktion vertrat er eine mittlere Linie zwischen den linken Radikalisten und den sog. Revisionisten, war für einen Ausgleich zwischen marxistischer Theorie und politischer Praxis. Ab 1900 gehörte Bebel zu den führenden Autoritäten der II. Internationale, an deren Gründung er im Juli 1889 aktiv teilgenommen hatte. Ab jetzt nahm der Politiker an allen wichtigen Sozialistenkongressen in Europa teil. 1904-1913 war August Bebel außerdem Mitglied des "Internationalen Sozialistischen Büros" (ISB). Nach dem Tod seiner Frau hielt sich der Publizist größtenteils in der Schweiz auf, wo er an seiner Biografie "Aus meinem Leben" arbeitete. Am 13. August 1913 starb August Bebel im Schweizer Kurort Passugg an einem Herzleiden.

Weblinks

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Dateien

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Literatur

Wolfgang Matthäus (Hg.), Vom Markt zum Bebelplatz. Eine Dokumentation, Kassel 2001 (Schriften der WERKSTATT GESCHICHTE an der Albert-Schweitzer-Schule, Heft 3) I ders. (Hg.), Plätze im Vorderen Westen. Geschichte(n) eines Kasseler Stadtteils, Kassel 2010 (Schriften der WERKSTATT GESCHICHTE an der Albert-Schweitzer-Schule, Heft 8)